Blog über Magic: the Gathering und Brettspiele

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Lola rennt…

atog28

Wieder ein fertiger Blogeintrag, läuft ja wie am Schnürchen… lohnt sich aber nicht, das zu lesen.

Ok.. es tut mir leid, dass ich mich über mich lustig gemacht habe. Hier, als Entschädigung, etwas mehr Inhalt.

Es gibt nicht viele Filme, die ich mir alleine im Kino angesehen habe. Meinen ersten Film habe ich mit einer Jugendfreizeit gesehen, da waren wir glaube ich mit über 20 Jugendlichen im Kino und haben „Otto – der Film“ gesehen. Ja, ein das episches Meisterwerk, das in keiner DVD-Sammlung fehlen darf. Und bevor mich der eine oder andere von Euch ins Altersheim schieben möchte (aber dazu zu späterer Zeit mehr): ich muss wohl so einer dieser frühreifen Zwei- oder Dreijährigen gewesen sein. Schliesslich hatte Otto keine Altersbeschränkung, who gives?!

Ebenso wenig fehlen sollte übrigens der andere deutsche Film – „Lola rennt…„. Der eine… und der andere… Capiche? Als der ins Kino kam, war keiner meiner damals hauptsächlich aus Magic-Kreisen bestehenden Kumpel bereit, mit in den Film zu gehen. Naja, lieber Leser, wenn du nicht gerade „Evilbernd“ heisst (und daher wissen würdest, dass der Film im Jahr KieÅ›lowskis Tod herauskam) wirst du das nicht verstehen, aber mich umgekehrt nicht verstehen, weil du wohl in „The Butcher Boy“ gegangen wärt. Mehr Action und so. Naja. Lassen wir das. Wo war ich? Also ging ich alleine ins Kino. Recht seltsam – ich finde das wichtige am Kino immer, dass man nicht alleine den Film guckt, aber ok. Keiner wollte mit, also ging ich damals irgendwann in den Film, als er fast schon nicht mehr lief. Alleine.

Ich weiss noch, dass viele der 21 Zuschauer, die noch mit im Kinosaal sassen, während des Films diesen verliessen und nicht wieder zurückkehrten. Auf mich traf das nicht zu. Ich hatte eine Kurzrezension gelesen und schon beim anfänglichen Kamerazoom auf Berlin wusste ich: dieser Film spricht mich an. Als dann nach dreizig (an dieser Stelle könnte ich auf den Duden oder diese Thematik Bezug nehmen) Minuten der Inhalt des Films erzählt war, hatte mich der Film ohnehin schon gefangen (inzwischen habe ich „Lola rennt…“ geschätzte zwanzig Mal gesehen und könnte, falls es notwendig würde, wohl das Skript aus dem Kopf vollständig aufschreiben).

Leider ist das aber der einzige Film von Tykwer, der mir gefällt. Es liegt auch nicht am Regisseur, sondern an der Story. Eine, die zuvor nur Groundhog Day (deutscher Titel: „Und täglich grüsst das Murmeltier“) erreicht hat.

Damit auch zum Kernpunkt des heutigen Themas. Warum fasziniert mich „Lola rennt…“ eigentlich so – der Grund liegt auch darin, dass man, während man die Handlung der Protagonisten verfolgt, „gleichzeitig“ sieht, was andere Personen zur selben Zeit machen. Etwas, das in Realität nicht funktioniert. Das ist alleine noch nicht so spannend, aber das wirklich spannende sind die Entscheidungen, die zu den Handlungen der Personen führen. Man bekommt gezeigt, dass auch Kleinigkeiten einen Ausschlag für eine Entscheidung einer anderen Person geben und dass sich bei der Änderung der Ausgangssituation auch der Handlungsablauf insgesamt ändert. Aber darauf will ich (noch) gar nicht hinaus. Sondern erst mal nur darauf, dass man mehr sieht, als die Hauptperson, der die Handlung gerade folgt.

Für die, die den Film noch nicht gesehen habe (obwohl ich mich arrogant genug fragen müsste, ob ich für dieses Publikum etwas erklären wollte): Während Lola rennt, wird das Bild geteilt und man sieht beispielsweise, was ihr Vater, zu dem sie gerade unterwegs ist, gerade tut. Durch die dreifache Erzählung derselben Geschichte (tatsächlich drei unterschiedliche, aber mögliche Fortsetzungen, die an einem festen Punkt im Raum-Zeit-Kontinuum verankert beginnen) hat der Zuschauer in den „wiederholten“ Schilderungen an einigen Stellen ein Hintergrundwissen, dass die Szene anders wirken lässt, als es den Anschein hätte, wenn man das Wissen nicht hat. Eigentlich eine Methodik aus dem Horror-Genre: den Zuschauern mehr sagen als den Hauptpersonen im Film.

Trotz der Tatsache, dass der Film zehn Jahre alt ist, hier eine kurze Spoiler-Warnung. Denn Lola wird ja erschossen. Ok, jetzt aber die Spoiler-Warnung.

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Ich gebe zur Veranschaulichung dieses Punktes, denn der ist mir heute wichtig, ein Beispiel.

Lolas Vater hat eine Freundin („Frau Hansen“), die gerade in dessen Büro ist, als Lola auf dem Weg zu ihm ist. Sie führen ein Beziehungsgespräch, in dem es darum geht, dass die Freundin schwanger ist. Lolas Vater wird zunächst so dargestellt, dass seine alkoholisierte Frau und die ‚bunte‘ Tochter ihm eigentlich auf den Keks gehen und er einen Neuanfang mit der Freundin plant. Dahinein platzt Lola, der Vater entscheidet sich auf Basis der Infos nun gegen seine Familie und wir erfahren, dass Lola ein „Kukucksei“ ist. Lolas (da schon gedanklicher) Ex-Vater schmeisst sie raus und will mit der Freundin eine neue Familie aufbauen. In einer späteren Wiederholung dieser Szenerie erfährt man aber, da Lola nun langsamer kommt und das Gespräch der beiden erst später unterbrochen wird, dass die Freundin Lolas Vaters gar nicht von diesem schwanger ist. Darüber entsteht in dieser Geschichte ein Streit zwischen der Freundin und dem Vater, der Vater ist in der Wiederholung auf Seiten seiner Familie. Nebenbei erfährt Lola nun natürlich auch nicht, dass sie aus einem anderen Genpool stammt.

Ich finde diesen Film insofern inspirierend, dass man an diesem Beispiel erkennt, welcher Eindruck auf Basis welcher Informationen entsteht, und damit komme ich langsam, aber gewaltig, zum Kernpunkt meines heutigen Anliegens.

Das Problem an Entscheidungen ist grundsätzlich in zwei Bereiche zu trennen. Zum einen ist die Bewertung der Situation durch die entscheidende Person. Dies ist beeinflusst durch Erfahrungen, Vorlieben und was Menschen noch so alles mitbringen, wenn sie eine Entscheidung treffen. Das andere Thema ist die für die Entscheidung zugrunde liegende Information, also quasi die Situation selbst, die da bewertet werden soll.

Um bei dem Beispiel aus dem Film zu bleiben, ist der Vater ein Typ, der auf Sicherheit bedacht ist. Mit der familiären Situation hat er sich arrangiert, ist aber über die besoffene Frau und die punkige Tochter wohl nicht wirklich glücklich – sein Famililenbild (vermutlich geprägt aus seinen Erfahrungen oder Wertvorstellungen, aber der Film bietet hier keine Hinweise, ist ja auch egal) scheint aber ein anderes zu sein. Sonst hätte es vielleicht auch keine Freundin – erst recht keine, die schwanger werden kann – gegeben. An dem Punkt der Geschichte, an dem er sich für oder gegen seine bisherige Familie entscheidet, ist es die Information „Kannst du dir mit mir eine Familie vorstellen… auch, wenn das Kind nicht von dir ist?!“, die den Unterschied macht, ob er die Entscheidung so oder anders trifft.
Also ändert sich die Entscheidung auf Basis der vorliegenden Information – wäre sie direkt an der Person gescheitert, etwa weil der Vater generell keine Scheidung in Betracht ziehen würde, wäre die Szene für meine Analyse nicht die richtige. Nein, er entscheidet sich anders, weil er eine andere Information hat.

Diese Analyse dürft ihr übrigens gerne bei allen Entscheidungen verwenden, die ihr so trefft. Nehmt einfach mal bewusst wahr, welche Entscheidungen ihr trefft, weil es an Euch liegt – ihr würdet es auch bei wesentlichen Änderungen der Situation nicht anders machen. Entscheidungen, die in dieses Spektrum fallen, sind allerdings schwierig für die Betroffenen selbst zu identifizieren, weil sie oft auch mit einem eingeschränkten Entscheidungshorizont zusammenfallen. Ein Entscheidungshorizont ist das, was ich als Auswahlmöglichkeiten zulasse.
Beispiel: wenn ich mir einen Grundsatz vornehme, niemals im Leben einen VW fahren zu wollen, dann grenze ich „automatisch“ Fahrzeuge dieser Marke aus meinen Entscheidungen aus. Ähnliches passiert oft auch beim Draften, wenn bestimmte Karten wegen Vorlieben ihrer möglichen Drafter doch nicht genommen werden.
TrashT hat sich immer dafür ausgesprochen, dass man sich von solchen, selbst aufgestellten Regeln, frei machen soll.

Das war jetzt übrigens ein rhetorischer Trick, der in dieselbe Richtung geht: das Pro-Argument. Nicht aus „Pro und Contra“ sondern aus „Pro-Player“. Ich behaupte, dass TrashT was dazu gesagt hat, und wenn eure Einstellung so ist, dass ihr Spielern mit mehr Pro-Punkten automatisch glaubt, dann erreicht euch die Message deshalb, weil ich den Namen verwendet habe. Hätte ich da „Johannes Winter hat sich immer dafür ausgesprochen…“ oder „Der Eucken ist der Meinung…“ geschrieben, hätte ich euch dann nicht erreicht oder vielleicht den gegenteiligen Effekt gehabt. Dabei ist es für den Inhalt der Information gerade egal, wer das gesagt hat.

Anderes Beispiel: ihr seid nachts in Mannheim (oder in Rostock, wenn ihr selbst euch in Mannheim auskennt; oder in Rotterdam, wenn ihr euch auch noch in Rostock auskennt; oder in… ) und sucht den Weg zum Hauptbahnhof. Ihr fragt zuerst einen Mann, der sich als vollkommen betrunken herausstellt, als er euch den Weg zum Bahnhof beschreibt. Glaubt ihr dem Mann oder fragt ihr noch jemand anderen?

Oder: „Kunden, die den Artikel, den Sie gerade kaufen, gekauft haben, kauften auch…“

Aber auch so funktionieren Menschen, beziehungsweise ihre Wahrnehmung. Wir haben tatsächlich gar nicht die Zeit, alle Informationen selbst zu sammeln, zu prüfen oder zu analysieren. Darum benutzen wir Shortcuts. Wenn schon jemand schlaues etwas herausgefunden hat, nehmen wir das mit einem geringen Prüfungsaufwand auf und setzen das um. Oft reicht es schon, schlauer zu sein, wenn man etwas zuerst herausgefunden hat. Umgekehrt bilden wir auch Vorurteile (schönes Wort in dem Zusammenhang) über eine „negative“ Glaubwürdigkeit.
Beispiele hierfür findet man nicht nur, wenn man im Zoo mal dabei zusieht, wie die Wärter den Tieren mit Honig gefüllte Baumstämme in den Käfig legen. Die Affen müssen dann herausfinden, mit welchem Werkzeug sie an den Honig kommen. Affen, die nicht auf die richtige Technik kommen, schauen sich das von anderen Affen ab.

Denn bei Set-Reviews oder Constructed-Turnieren läuft dieser Nachahmungsprozess nicht unähnlich ab.

Da wir jetzt geklärt haben sollten, was alles an der Person des Entscheiders liegt, könntet ihr eine kurze Pause einlegen und euch darüber Gedanken machen, was alles dazu zählt. Bisherige Erfahrungen, Vorlieben, selbst aufgestellte Regeln, Nachahmung (das Pro-Argument) und vielleicht noch weitere Punkte, die ich hier nicht aufzähle.

Sonst wäre ich ja schön blöd, dass ich das nicht als Managementbuch vermarkte, was ich hier schreibe. Da findet man diese Sachen schliesslich.

Oder man geht mal ins Kino. Und dann auch noch alleine!

Ach, und wenn jemand weiss, wo der Hauptbahnhof ist, dann total Besoffene…

Zweiter Aspekt, die Information selbst.

Ich beginne direkt mit dem grossen Irrglauben, dem die entscheidende Person immer verfallen. Immer! Der Entscheider denkt nämlich jedes Mal, dass er gut informiert ist. Sonst würde er sich ja nicht entscheiden. Ok, es gibt auch Entscheidungen, die mit Kenntnis einer Unkenntnis getroffen werden. Entscheidungen, bei denen man sich bewusst ist, es gibt eine unbekannte Information. Aber dann hat man diese bewertet; bestimmte Annahmen über Wahrscheinlichkeiten getroffen; jedenfalls schliesslich das Gefühl, die Entscheidung richtig zu treffen.

Kennt ihr diese ganzen Fälle, bei denen dann später mal herauskam, das die Entscheidung komplett falsch war, weil man irgendwas übersehen hat? Oder habt ihr schon mal nachts auf N24 diese Serie über Flugzeugunglücke gesehen? Flugzeuge können eigentlich gar nicht abstürzen. Man hat so kurze Wartungsintervalle wie sonst nirgendwo im Personentransport. Die beteiligten Personen sind bestens ausgebildet. Und doch führt so manche Kleinigkeit zu einer „unglücklichen Verkettung von Umständen“, die auch dazu führen können, dass die Entscheider (hier oft die Piloten) Informationen falsch lesen.

Da gab es einen Absturz, und es tut mir leid, dass ich das hier so ungenau wiedergebe, wie ich es in Erinnerung habe, bei dem es eine Warnung über brennende Triebwerke gab, und gleichzeitig fiel die Klimaanlage aus. Der erfahrene Pilot wusste, dass bei diesem Flugzeugmodell die Klimaanlage mit den Triebwerken auf der linken Seite gekoppelt ist. Diese Situation hatte er schon dutzende Male im Simulator durchgespielt, also schaltete er routiniert das Backbordtriebwerk aus und die Warnung erlosch. Der junge Co-Pilot war sich unschlüssig, wurde aber vom langjährig auf dem Flugzeugtyp erfahrenen Kapitän dominiert. Ein paar Minuten später, im Landeanflug, stürtzte das Flugzeug ab.

Dass es trotzdem zu einem Absturz kam, erklärt sich nach der Darstellung daraus, dass es bei dem Flugzeug eine technische Weiterentwicklung gab. Die Klimaanlage wurde bei dem neuen Modell über beide Triebwerke angetrieben und tatsächlich brannte das Steuerbordtriebwerk und dies verringerte die Leistung der Klimaanlage. Der Pilot ging aber irrigerweise davon aus, das Richtige zu tun, als er das voll funktionstüchtige Backbordtriebwerk deaktivierte. Im selben Moment erlosch – soweit ich mich erinnere rein zufällig – das Feuer im Steuerbordtriebwerk soweit, dass die Warnlampe aus ging und es noch ausreichend Schub produzierte, um den Flug fort zu setzen. Dennoch war es so beschädigt, dass es sich im Landeanflug zerlegte.
Bei der späteren Analyse fand man heraus, dass das andere Triebwerk, das ausgeschaltet war, vor dem Absturz keine Beschädigung aufgewiesen hatte.

Diese Geschichte erzähle ich euch, weil ich damit zwei Aussagen verbinden will. Zunächst offensichtlich, dass die Entscheidung des Piloten falsch war und zum Absturz geführt hat. Denn wenn er nichts getan hätte, wäre das Flugzeug mit hoher Wahrscheinlichkeit noch sicher gelandet. Man ist dann schnell beim Punkt „Menschliches Versagen“ – dabei kann eigentlich doch nichts schiefgehen. Es ist nicht nur ein Punkt, an dem diese Prozessketten reissen, sondern damit es zu der Tragödie kommen kann, müssen mehrere Punkte schieflaufen. Die Wartungscrew übersieht was, der Pilot meint zu wissen, welche Seite betroffen ist, weil das immer so war, der Co-Pilot traut sich nicht – das sind nur einige der Eckpunkte dieses Falls.
Aber das Beispiel bringe ich, weil die Entscheidung auf Basis einer fehlerhaften Analyse der vorgefundenen Informationen stattgefunden hat.

Oder der Absturz über dem Bodensee, der in einem Fernsehforum kurz zusammengefasst wurde (diese Sache mit den Fluglotsen, die auch durch die Presse ging). Wäre der Fluglote zum Held geworden, wenn er sich der Standardanweisung widersetzt hätte, und die Maschine der Bashkirian Airlines zum Steigflug aufgefordert hätte? Das wird man leider nicht erfahren. Bei „Lola rennt…“ versucht man ja genau das.

Der zweite Punkt, den ich mit der Geschichte verfolge: ist das eigentlich tatsächlich richtig, was ich da erzählt habe? (Ihr könntet das ja mal überprüfen, vielleicht helfe ich euch sogar mit einem Link auf ein Forums-Post weiter.) Oder hat sich das in meiner Erinnerung vielleicht verdreht? Wie beurteilt ihr das?

Gut, das mag nun recht unbedeutend vorkommen. Vielleicht habe ich auch nur links oder rechts vertauscht und beim Flugzeugmodell 737-800 hängt die Klimaanlage ohnehin am rechten Triebwerk. Oder aber es brannte gar nichts sondern es löste sich ein Turbinenblatt. Das können alles mögliche Fehler in meiner Beschreibung sein, die ein Flugexperte (von den Mitlesenden also nur du, Michael) gnadenlos beim ersten Lesen aufdeckt. Gut, wenn man die Möglichkeit hat, die Fehler in der Beschreibung zu entdecken.

Das ist glaube ich der nächste grosse Klopps, warum falsche Entscheidungen entstehen – man versichert sich zu wenig, die Informationen korrekt erhalten zu haben. Dabei hat man gar kein Bild vom „Ganzen“, sondern bekommt häufig nur das an Information, was andere bereits verarbeitet haben.

Wer mag, kann sich an dieser Stelle einen Chef vorstellen, der den ganzen Tag in seinem Büro sitzt. Der Chef ist der Boss der ganzen Firma und trifft die Entscheidungen. Eine seiner Entscheidungen war, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. Damit hat er mehr Zeit für Entscheidungen, aber kommt gar nicht mehr raus in den … sagen wir ins Lager, oder in den Laden oder was auch immer – auf jeden Fall hat er keinen Einblick, wie das Geschäft läuft.
Darum lässt er sich von einem leitenden Angestellten, davon hat er sich ein paar angeschafft um den Laden am Laufen zu halten, regelmässige Berichte vorlegen. Wie der Absatz sich so entwickelt und das alles.
Was passiert jetzt, wenn der Chef eine Entscheidung treffen soll. Er muss sich darauf verlassen, dass die Informationen über den Absatz, die er erhält, korrekt sind. Ich glaube, dass es recht offensichtlich ist, dass Informationen bei ihrer Verarbeitung immer auch etwas verändert werden. Schlimmstenfalls werden sie zusammengefasst und büssen dabei ihre Details ein.

Hat der Chef beispielsweise ein Geschäft, dass Bonbons verkauft; grüne saure, rote saure, gelbe süsse und orangene süsse Bonbons, dann bekommt er eine Aufstellung wie sich die Bonbons so verkaufen lassen. Die sauren Bonbons laufen schlecht und die süssen Bonbons laufen gut.

Was soll er jetzt kaufen, wenn er nur eine Sorte Bonbons bestellen kann? Das ist eines der grundlegenden Probleme von Entscheidungen – man kann mit der Information diese Frage schlecht; eigentlich gar nicht richtig beantworten. Vielleicht laufen orangene Bonbons ja überhaupt nicht. Oder grüne Bonbons werden der Renner. Oder die Entwicklung von violetten Bonbons wäre die richtige Entscheidung, dabei stand das gar nicht in unserem Entscheidungshorizont zur Verfügung.

Natürlich ist das nur ein Beispiel und ein sehr abstraktes noch dazu. Was ich damit sagen will: in solchen Fällen, die es in der Realität tatsächlich geben kann, ordert der Chef auf Basis der Information die man ihm vorliegt, neue Bonbons. Er hätte auch gar nicht die Zeit, die Information genauer zu untersuchen.

Das…

Das wollte ich euch schon lange mal erzählen. Wieder einer dieser Drafts weg. Und dabei hat es auch noch aktuellen Bezug. Zwar brauche ich dem Pischi nicht zu erklären, wie Magic funktioniert (genauso könnte ich in den Zoo gehen und den Affen erklären, wie man den Honig da rausbekommt, halte ich für ähnlich sinnvoll), aber ich denke, dass die regelmässigen Leser es schon verdient haben, sich damit auseinanderzusetzen, was für eine Qualität eine Information überhaupt aufweist.

Ich meine natürlich den umstrittenen Absatz aus „Sieben Drafts…“, in dem eine Spielsituation wie folgt beschrieben wurde:

[…] als ich mit zwei Enigma Sphinx im Spiel (getappt) einen fliegenden 6/5er sah. Sedraxis Specter mit RU-Aura. Also die Sphinx in Homarid Spawning Bed gesteckt, den Trigger resolved, dann Aethermage’s Touch gespielt, die Sphinx wieder ins Spiel gebracht, Cascade gespielt (hat schon seinen Grund mit dem Regellink…) und in Polymorph kaskadiert, also die zweite Sphinx getötet und damit einen Stronghold Overseer ins Spiel gebracht. Wirklich krank.

Diese Beschreibung enthält einen offensichtlichen Fehler und einen nicht-offensichtlichen Fehler. Darauf müssen wir gleich noch mal analytisch eingehen, aber zunächst, da es euch vermutlich mehr interessiert, was da tatsächlich passiert ist, zu diesem Punkt. Da ihr jetzt dank meiner Darstellung mehr über Entscheidungen wisst, können wir das jetzt gemeinsam anwenden.

Zunächst ist es offensichtlich, dass Cascade nicht funktioniert, wenn eine Kreatur über Aethermage’s Touch ins Spiel kommt, denn es steht, zumindest in meinen Augen, direkt hinter dieser Aktion. Ich habe es direkt in Klammern geschrieben. Die sich daraus ergebenden Kommentare waren lustig, denn sie haben den nicht-offensichtlichen Fehler nicht entdeckt.

Eine Schwierigkeit ist es, wenn man einen Text analysiert, der so einen offensichtlichen Fehler enthält, dass man sich darauf verstärkt. Dass man meint, der Fehler ist gefunden – Suche einstellen. Vielleicht gibt es aber noch weitere Lösungen oder weitere Fehler, die mit dem ersten zusammen hängen.

Interessant wurde es, als dieser Kommentars ein Drei-Punkte-Programm darstellte:

a) Du hast beschissen

b) Du verlinkst hier zu Regeln, die Du selbst nicht verstehst

c) Es ging alles mit rechten Dingen zu, und Du hast hiermit die Gelegenheit, dem Zeromanten mal so richtig Magic zu erklären

Nun, der Zeromant liebt Abstimmungen und ich war auch kurz davor, mich für eine der gegebenen Antwortmöglichkeiten zu entscheiden. Aber das, was ich ankreuzen wollte, war einfach nicht dabei.

Woran liegt das? Vermutlich daran, dass es mehr Möglichkeiten gibt, als er aufgezählt hat. Stichwort „Entscheidungshorizont“. Wäre das Thema heute „Kommunikation“ müsste man nun mit dem Sender-Empfänger-Modell und dem Kommunikationsquadrat diese Nachricht analysieren. Das ist aber heute nicht das Thema, daher kann ich nur kurz auf Wikipedia verweisen. Sucht euch selbst heraus, dass eine Nachricht einen Aspekt der Information (Sachebene), Selbstoffenbarung (Wer bin ich), der Beziehungsebene (wie stehe ich zu dir) und des Appells (erkläre es dem Zeromanten mal so richtig) enthält. Spannendes Thema, aber heute nicht dran. Gibt eben nur kurz diese Hausaufgabe dazu.

Danach entwickelte sich eine Dynamik und Leute, die ich gar nicht kenne, kommentieren fleissig auf Basis dieser Abstimmung. Ein schönes Beispiel für das „Pro-Argument“ an dieser Stelle. Der Vorkommentator hat schon was dazu gesagt, dann „springe ich mal auf“ und ahme das nach. Ich sehe bei LarsL, denderan und JaN dies als Auslöser. Tatsächlich sehr spannend, nur leider doch zu schnell zu Ende, mit nur drei Fällen.

Ich weiss nicht, ob ich das wirklich aufklären sollte, oder ob nicht die verborgene Information den Ausschlag geben könnte. Es hat ja niemand kommentiert, der noch dabei war. Ich habe das hier reingeschrieben und keiner, nicht mal Alex, der uns regelfragend über die Schulter geguckt hat, kommentiert dazu etwas. Ist das nicht seltsam?
Das wäre natürlich seltsamer, wenn sie dauernd was kommentieren und jetzt nicht. Tun sie aber nicht. Noch was ist seltsam: wenn ich zuerst einen Link auf die Regeln setze und das nach dem Hinweis, dass ich mal wieder Regelfragen für alle beantwortet habe? Das sind alles Indizien, dass irgendetwas in dem Text nicht zusammen passt.

Das wichtige, wenn man Entscheidungen trifft, ist es auch zu erkennen, ob man der Information trauen kann, oder ob sie Ungereimtheiten enthält. Wenn es offensichtliche Fehler gibt (hier das Thema Kaskade), ist das noch relativ einfach zu erkennen. Manche Magicberichte haben auch solche Ostereier. Da werden Karten herausgeboardet, die gar nicht im Maindeck sind; oder in Spielberichten tauchen Karten auf, die laut Liste nicht gespielt werden.

Schwieriger zu finden sind die „Qualitäten“, die sich auf Basis falscher Beschreibung ergeben. Gut, je professioneller ein Spieler seine Beschreibungen angeht, desto präziser sind meistens sowohl die Wahrnehmung der Spielsituation wie auch deren Analyse, wenn sie hinterher beschrieben wird. Gerade bei Spielanfängern kann man das aber sehr einfach feststellen.

Wenn ein Anfänger eine Spielsituation beschreibt, dann lässt sich daran schon erkennen, worauf er den Fokus gesetzt hat. Da werden spielentscheidende Fehler weggelassen – nicht, weil man sie verheimlichen will, sondern weil sie als solche nicht erkannt werden. Oder es fehlen Karten, die im Spiel waren, die aber einen Sieg ermöglicht hätten; ich habe schon mal in Dülmen (oder Iserlohn) bei einem Spiel zugesehen und mir dann hinterher den Whine des Verlierers zu seinem Kumpel angehört. Da war das plötzlich ein anderes Spiel. Warum? Weil eben das Backbordtriebwerk brannte, um es so auszudrücken. Die Wahrnehmung der Information war schon falsch. Kein Wunder, dass sie dann zu falschen Entscheidungen führt.

Nehmt Legacy-Blogs, Artikel über die Weltmeisterschaften, egal was – ihr unterliegt immer dem Problem abnehmender Information. Es ist nie „erste Hand“. Wenn eine Hand was gesehen hat, sollte jeder Anatom schon wissen, dass das nicht gehen konnte, weil sie sich das mindestens vom Auge hat erklären lassen.

Achso..

…Die Hand hat keine Ohren….

Bei Drafts sieht man das auch wunderbar an den Walkthroughs. Da werden offensichtliche Firstpicks nicht erwähnt, weil es vielleicht gegen persönliche Vorlieben geht oder negative Erfahrungen damit verbunden werden. Eine Erweiterung des Horizonts, dessen Einschränkung man, wie ich schon sagte, selbst eventuell gar nicht so wahr nimmt, kann von aussen her Wunder wirken.

Das ist auch das, was man als Spielerfahrung sammelt. Witzigerweise trifft das aber auch auf andere Aspekte des Lebens zu. Darum dachte ich mir, ich verallgemeinere das, damit wir alle auf einem Stand sind.

Lest offensiver. Hört offensiver zu. Mitdenkiger.

Man macht das oft nicht, aber versucht es mal.

2 Kommentare

  1. Mercurius meint:

    Ohjemine, ich glaube, das wird einer deiner wenig kommentierten Blogs werden. Das Thema an sich ist eigentlich sehr spannend, allerdings liest sich der Artikel dermaßen zäh, dass selbst ich, der sich ohne Pausen durch mehrtausendwortlange Artikel liest, drei Ansätze brauchte, um den Eintrag durchzulesen. Gleichzeitig müsste der Eintrag allerdings von viel mehr Leuten durchgelesen werden, weil die darin vermittelte Botschaft sehr wichtig ist, und zwar nicht nur in Bezug auf Magic.
    Viele Leute haben es sich angewöhnt, aufgestellte Thesen und erhaltene Informationen nicht zu überprüfen, sondern stumpf zu glauben, insofern finde ich deine Beobachtungen schon treffend und genau formuliert. Ist besonders in Abhängigkeitsverhältnissen hässlich, wenn man als Untergebener mehr Ahnung hat, aber trotz Argumenten und Belegen die Kompetenz abgesprochen bekommt.
    Generell richtet sich dein Eintrag magicspezifisch wohl am ehesten an solche Leute, die am liebsten nach sogenannten Picklisten draften würden und darüber vergessen, dass ein Draft ein komplexes dynamisches System ist, an dessen Ende ein funktionsfähiges Deck stehen muss, keine Sammlung von Firstpicks oder Removal mit Füllern.
    Weitergehend würde mich als Frage natürlich interessieren, ob man den Leuten dieses bewusste Denken beibringen kann, ohne sie gleich ins andere Extrem, nämlich das der Entscheidungsunfähigkeit, fallen zu lassen.
    MfG
    Mercurius

  2. derflippi meint:

    Hervorragende Lektüre.

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